Was immer du tun kannst oder erträumst zu können,

fang damit an! Mut hat Genie, Kraft und Zauber in sich.


Läufer

(Johann Wolfgang von Goethe dt. Dichter)


 

 


 


Sommerlektüre



Lesestoff



Autor:

Wilfried Dietz

 







Der König und die Inflation - Ein modernes Märchen

Es war einmal ein König, der immer bekam, was sein Herz begehrte. Wenn er eine neue Karosse oder neue Staatskleider haben wollte, dann kaufte er sie. War er ein wenig knapp bei Kasse, so brauchte er nur zu sagen: "Lassen sie es bitte anschreiben!" Denn er hatte sich bis jetzt eigentlich als kreditwürdiger Kunde erwiesen.

 

 

Bild von Carlos N. Cuatzo Meza aus Unsplash

Eines Tages jedoch wurde alles ganz anders. Als nun der König wieder einmal sagte: "Lassen sie es bitte anschreiben", da erhielt er zu seinem allerhöchsten Erstaunen vom Kaufmann zur Antwort: 

"O König, wie gerne würde ich dem Wunsche eurer Majestät entsprochen haben. Aber momentan bin ich selber in der Klemme." 

 Den König verletzte das so tief, dass er beschloss, seinen königlichen Bedarf anderweitig zu decken. Indes, der Kaufmann im nächsten Laden zögerte ebenfalls und murmelte: "Bargeld ist zur Zeit knapp." Schwer beleidigt schritt der König von hinnen. 

 

Er befahl seinen Schatzmeister zu sich. "Das Geld ist knapp", sagte er. Schmieren sie die königliche Notenpresse und drucken sie soviel, dass jedermann genug habe." Der Schatzmeister erbleichte. "Majestät", erwiderte er, "das gäbe eine Inflation. Erinnern sich euer Majestät noch, was ihr königlicher Herr Vetter erleben musste? Eine hemmungslose Inflation in seinem Reich. Das Geld wurde so billig und wertlos, dass man mit einem Sack  Kartoffeln eigentlich viel besser dran war." 

Bild von Roman Wimmers aus Unsplash

Der König runzelte die Stirn. Die Angelegenheit schien kompliziert zu sein, so kompliziert, dass er allen seiner königlichen Nationalökonomen befahl, eine kurze, allgemein-verständliche Studie über das Thema zu verfassen, was sich gegen die Geldknappheit tun lässt.

Nach vielen Wochen brachten sie ihm viele dicke Wälzer, mit Tabellen, Statistiken und Plänen, die allesamt böhmische Dörfer für ihn waren. Er geriet darüber in Zorn und verbannte einen königlichen Nationalökonomen nach dem anderen, bis nur noch einer übrig war.

"Majestät," stammelte dieser letzte, noch ganz junge Volkswirtschaftler, "ich habe mir nur untertänigst erlaubt, den Inhalt unserer Studie auf elf Wörter zu reduzieren: "Es wird keiner jemanden Geld schenken, der nicht damit umgehen kann." Der König lief dunkelrot an, so rot wie sein Purpurmantel. Aber bei aller Entrüstung dachte er doch nach, und plötzlich legte sich sein Zorn. "Daran könnte sogar etwas sein!" rief er aus. 

Da fuhr der Volkswirtschaftler fort: "Wenn die Leute mehr borgen, als sie beiseite legen, wird das Geld bald knapp." Und sogar ein König kann nichts borgen, wenn er nicht die Notenpresse in Bewegung setzen lassen will", bemerkte der König sehr klug. "Denn, wie ihr soeben schon sagtet - es wird keiner jemanden Geld schenken, der nicht damit umgehen kann."

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"Eine richtige Einschätzung, o König", pflichtete ihm der Volkswirtschaftler eiligst bei. "Wenn nun aber die Leute größere Ersparnisse machten, dann könnte mehr ausgeliehen und eine Inflation vermieden werden. Und bald wäre das Geld nicht mehr knapp."

"Es braucht nur mehr gespart zu werden, weiter nichts", stellte der König fest. Und alsbald ließ er sich selbst ein Sparkonto eröffnen und legte an jedem Zahltag etwas von seinen königlichen Bezügen auf die seinem hohen Rang entsprechende hohe Kante. Auch erließ er eine Verordnung, dass alle seine Untertanen es ebenso zu halten hätten. Und wirklich dauerte es nicht lange, da war in seinen Landen das Geld nicht mehr knapp.

 

 


Die vergessene Räuberbraut - Wie mein Urahn das Julchen traf

Schinderhannes-Turm

Dem legendären Räuber Johannes Bückler, genannt "Schinderhannes", wurde in Simmern im Hunsrück, ein  Denkmal gesetzt. Es steht direkt neben dem Schinderhannes-Turm, seinem ehemaligen Gefängnis. Aber wie es sich für einen richtigen Räuber gehört, konnte er wieder ausbrechen. Vieles erinnert heute noch an ihn, der im Hunsrück und Taunus sein Unwesen trieb. Es gibt die Schinderhannes Festspiele, den Schinderhannes Radweg und nicht zuletzt das Schauspiel von Carl Zuckmayer "Schinderhannes". 

 Gab es da nicht auch noch seine Braut, Juliana Blasius, genannt "Julchen?" Was erinnert heute noch an die Wegbegleiterin des Schinderhannes? Ist sie in Vergessenheit geraten?

 Mein Urahn war Mühlenbauer. Er erlebte die Zeit der Revolution auf dem technisch-industriellen Gebiet. Diese nahm ihren Anfang in England. Dort hatten tüchtige Techniker in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts, die Spinnmaschine, den mechanischen Webstuhl, vor allem aber die Dampfmaschine erfunden. Arbeiten, die bisher durch Menschen- oder Tierkraft, durch Wasser oder Wind verrichtet wurden, konnten nunmehr mit der viel stärkeren, jederzeit einsetzbaren Hilfe des Dampfes geleistet werden. Sowohl für meinen Urahn als auch für die Mühlenbetriebe brachte die Dampfmaschine allerdings kaum Nutzen. Für die kleineren Betriebe waren ihre Ausmaße zu groß und die Kosten zu hoch. Deshalb hatten herkömmliche Mühlen, die durch Wasser- oder Windkraft betrieben wurden, weiterhin Konjunktur.

 

Wenn eine Mühle gebaut oder repariert werden musste, war er weit und breit ein begehrter Mann. Er hat nicht nur säuberlich dokumentiert welche Mühle er gebaut hatte. Auch Begegnungen mit interessanten Menschen hat er aufgeschrieben. So habe ich neulich beim Ausmisten eine kleine Geschichte über die Begegnung mit der Räuberbraut Julchen gefunden. Er hat die Begegnung wie folgt geschildert.

 

>> Es war im Jahr 1850 als ich auf meiner Kutsche, zusammen mit meinem Gesellen Heinrich nach Weierbach aufbrach. Weierbach ist ein Ort zwischen Kirn und Oberstein an der Nahe.

Bild von Sead Dedić aus Unsplash

Bei einer Mühle, etwas außerhalb von Weierbach, die gleichzeitig als Edelsteinschleiferei genutzt wurde, hatte sich der Schleifstein verkeilt. Ich konnte den Schaden, zusammen mit meinem Gesellen, schnell beheben. Als wir uns von dem Müller verabschiedeten, fragte dieser, ob wir nicht das Julchen gesehen hätten. Die säße oft auf einer Bank, vor ihrer Haustüre und wird oft von neugierigen Touristen besucht, denen sie bei einem Glas Schnaps ihre Lebensgeschichte erzählen würde.

Nachdem der Müller uns den Weg zum Wohnhaus beschrieben hatte, machten wir uns auf den Weg in den Ort. Und tatsächlich da saß sie, genau wie der Müller beschrieben hatte, auf ihrer Bank vor der Haustüre.

Sie hatte eine dunkelblaue Kittelschürze an. Unter der Kittelschürze trug sie eine weiße Bluse mit blauen Punkten und transparenten Knöpfen, von denen sie nur die wichtigsten geschlossen hatte. Ihre weißgrauen Haare waren zu einem Dutt zusammengesteckt. Das Gesicht wirkte sehr blass. Sie sah nicht gerade gesund aus. Mir viel auch auf, dass ihre Beine und Knöchel dick geschwollen waren. Außerdem hatte sie einen ausgeprägten Bauchumfang. Sie mochte um die siebzig Jahre alt sein.

Auch gegenüber uns war sie sehr gesprächig. So erfuhren wir, dass sie in ihrer Jugend als Bänkelsängerin und Geigenspielerin zusammen mit ihrer Schwester Margarethe und ihrem Vater aufgetreten ist. 

"Ihr werdet es nicht glauben. Meine Schwester Margarethe war zunächst die Geliebte des Räuberhauptmanns Schinderhannes", berichtete Julchen. 

Bild von Sebastian Mark aus Unsplash

"Doch an Ostern, im Jahr 1800, bei einem gemeinsamen musikalischen Auftritt, in der Nähe von Kirn, hat er mich zum ersten Mal gesehen und sich tatsächlich in mich verliebt. Ich war jetzt seine große Liebe was Margarethe fast das Herz brach. Meine Schwester versuchte alles, um den Hannes für sich zurückzugewinnen. Sie ließ ihm ständig glühende Liebesbriefe überbringen. Der Schinderhannes hatte dann scheinbar Mitleid und war dann für kurze Zeit wieder mit meiner Schwester zusammen", erzählte Julchen.

Desweitern erfuhren wir, dass nach vielen emotionalen Streitigkeiten zwischen den beiden Mädels, Margarethe schließlich auf den Schinderhannes verzichtete und mit einem seiner Bandenmitglieder vorlieb nahm.

"Ich habe mich einige Jahre später mit meiner Schwester wieder versöhnt", sagte Julchen wobei ihr ein paar Tränen über die blassen Wangen rollten. "Leider ist Margarethe vor zwölf Jahren verstorben."

Sie erzählte, dass sie sich daraufhin der Räuberbande anschloss und ein Jahr später eine Tochter gebar, die aber nur einige Tage lebte. Ein weiteres Jahr später wurde ihr geliebter Schinderhannes im Taunus festgenommen und im Mainzer Stadtpark zusammen mit neunzehn seiner Bandenmitglieder durch das Fallbeil hingerichtet.

Fallbeil im Schinderhannes-Turm

Es gab damals viele Räuberbanden. Aber das ausgerechnet der Schinderhannes und seine Bande im ganzen Land bekannt wurde, hatte er Napoleon zu verdanken. Der hatte nämlich, in den von Franzosen besetzten Gebieten, ein neues, modernes Strafrecht eingeführt. Mit Richtern, Anwälten und Verteidigern. Beim Prozess um die Verbrechen der Schinderhannesbande wurde zu ersten Mal davon Gebrauch gemacht. Außerdem war die Hinrichtung durch dass Fallbeil auch neu. Es waren bisher viel brutalere Hinrichtungsmethoden üblich. Und weil alle Zeitungen darüber berichteten, war es kein Wunder, dass der Schinderhannes berühmt wurde.

Julchen erwähnte immer wieder, wie stolz sie auch jetzt noch ist, die Geliebte des berühmten Räubers gewesen zu sein, der nur wegen der damals herrschenden Ungerechtigkeiten, reiche Leute überfiel und wie der Schinderhannes sie, während des Gerichtsverfahrens, immer wieder entlastete, so dass sie mit einer geringen Gefängnisstrafe davonkam. 

Schließlich erfuhren wir auch noch, dass sie während der Inhaftierung im Mainzer Holzturm, einen Sohn zur Welt brachte. Dieser wurde ihr allerdings weggenommen und in einer Pflegefamilie untergebracht.

"Ich habe nichts mehr von ihm gehört. Ich weiß auch nicht was aus ihm geworden ist und ob er überhaupt noch am Leben ist", sagte Julchen, wobei ihr zum zweiten Mal ein paar Tränen über die blassen Wangen rollten.

Nach Verbüßung ihrer Strafe habe sie Sehnsucht verspürt , in ihren Heimatort Weierbach zurückzukehren wo sie auf den Weg der Tugend zurückfinden wollte.

Bild von Ibrahim Rifath aus Unsplash

"Das ist mir dann auch gelungen", sagte Julchen mit freudig glänzenden Augen. "Ich heiratete sogar einen Polizisten. Dieser lebte allerdings nicht lange und so heiratete ich alsbald zum zweiten Mal und gebar weitere sieben Kinder. Leider erreichten nur zwei von ihnen das Erwachsenenalter." 

"Ich muss euch auch noch etwas von einem der Bandenmitglieder erzählen", sagte sie und zog ein Kartenspiel aus einer der Taschen ihrer Kittelschürze.

"Und zwar von Johann Peter Petri. Der stammte aus Burgen, einem Ort in der Nähe des Moselorts Bernkastel. Er hatte den Spitznamen "Schwarzer Peter". In den turbulenten Zeiten der französischen Besatzung verlor er Hab und Gut. Es blieb ihm scheinbar nichts anderes übrig, als sich der Schinderhannesbande anzuschließen. Dort gab es wenigstens keinen Mangel an Essen und Trinken. Nachdem er, zusammen mit meinem Hannes, verhaftet wurde, hat er im Gefängnis aus Langeweile dieses Spiel erfunden. Der schwarze Peter hat es, bis zur Hinrichtung, immer mit den Mitgefangenen gespielt. Und bis heute trägt dieses Kartenspiel seinen Namen."

Wir hatten viel erfahren, wünschten dem Julchen alles Gute und machten uns auf den Heimweg. Einen Schnaps hatte sie uns allerdings nicht angeboten.<<

 

 

Damit endet die Erzählung über das Treffen mit der Räuberbraut. Ein halbes Jahr nach dem mein Urahn in Weierbach war, ist Julchen im Alter von neunundsechzig Jahren an Wassersucht gestorben. Sie überlebte den Schinderhannes immerhin um siebenundvierzig Jahre.



Das Rennrad

Ein sportlicher Kurzkrimi

Bild von Isabela Kronemberger aus Unsplash

"Nach dem Abzug des Winters ist die Natur wie neu verjüngt. Jetzt kann ich unbeschwert mit meinen Rennrad durch die wieder erwachte Natur fahren und mich am frischen Grün der Wiesen und dem lieblichen Anblick der Frühlingsblumen erfreuen", dachte Friedrich. 

So ganz wurde daraus nichts. An einem sonnigen Vormittag im März wurde er bewusstlos von einer Wandergruppe mitten auf einem asphaltierten Waldweg gefunden. Als er im Krankenhaus wieder zu sich kam, konnte er sich nur noch daran erinnern, dass er mit dem Rennrad unterwegs war und plötzlich gestürzt sei. Vom Oberarzt erfuhr er, dass er eine Gehirnerschütterung, mehrere Rippenbrüche und einen Unterarmbruch erlitten hat. Als Erstes erkundigte er sich, was denn mit seinem wertvollen Rennrad sei. Als man ihm sagte, dass Wanderer, die ihn gefunden hatten, nichts von einem Fahrrad erzählten, war Friedrich einer erneuten Ohnmacht nahe.

Ein Fall für Hauptkommissarin Erna Schnüffelstein und Ihren Assistenten Hauptwachmeister Kunibert Homs. Erna, eine blonde, sportlich aussehende Frau mit herben Gesichtszügen, 38 Jahre alt, verheiratet aber kinderlos. Ihr Kollege Kunibert Homs ist übrigens der Meinung, dass sie nicht so abgemagert und verhärmt aussehen würde, wenn sie öfter mal auf ihre morgendliche Laufrunde um den See verzichten würde. Er behielt diese Gedanken aber für sich.

Kunibert dagegen ist verwitwet, 43 Jahre alt. Man bemerkt bei ihm einen leichten Bauchansatz. Im Gesicht hat er eine sehr glatte Haut. Trotz Stirnglatze sieht er jünger aus als die Hauptkommissarin. Mit der Karriere bei der Polizei hat es allerdings nicht so gut geklappt als bei ihr.

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"Was war eigentlich die Ursache für den Sturz?", fragt Kunibert seine Chefin.

"Es gab bisher keine Erkenntnisse. Der Bewusstlose wurde an einer Stelle gefunden, wo man normalerweise mit dem Rad gar nicht stürzen kann. Es geht zwar ein wenig bergab aber nur geradeaus. Das Rad wurde auch regelmäßig gewartet", antwortet Erna. "Ich habe die ganze Umgebung, auch Büsche durchsuchen lassen, aber es wurde kein Fahrrad gefunden. Das einzige war eine kleine Schraube, die eindeutig einem Fahrrad zugeordnet werden kann. Außerdem hatte Friedrich keinen Helm auf dem Kopf."

"Da das Rad nicht gefunden wurde, gibt es nur die Möglichkeit, dass jemand dem bewusstlosen Friedrich das Rennrad einfach gestohlen hat. Deshalb müssen wir zunächst die Wanderer, die Friedrich gefunden haben, verhören", schlägt Kunibert vor.

Bild von Luca J aus Unsplash

Doch die Gespräche mit den Wanderern brachte die beiden Ermittler keinen Schritt vorwärts. Der Verbleib des Fahrrades konnte nicht geklärt werden. Es konnte auch keiner der Wanderer als Täter in Frage kommen, da alle bis zum Eintreffen des Rettungswagens und der Polizei, die dann die Gegend absuchte, an der Unfallstelle verblieben waren.

"Wenn so ein geübter Radfahrer an einer Stelle stürzt, an der man normalerweise nicht stürzen kann, da könnte es vielleicht jemanden geben, der nachgeholfen hat, so dass es zum Unfall kommen musste", überlegt Erna.

"Nun, dann müssen wir uns wohl mal seinen Bekanntenkreis näher ansehen. Vielleicht gibt es da jemand, der mit Friedrich Streit hatte", meint Kunibert.

"Ich habe von der Nachbarschaft schon einige Informationen bekommen. Verheiratet ist er nicht und zu Verwandten hat er offensichtlich keinen Kontakt. Allerdings besucht er jeden Dienstag regelmäßig seinen Stammtisch", bemerkt Erna. "Das könnte uns Erkenntnisse bringen."

Bild von Des Récits aus Unsplash

Fünf Freunde treffen sich jeden Dienstag zum Stammtisch im Gasthaus "Zum silbernen Eichhörnchen." Der Wirt kennt alle ziemlich genau und weiß auch, das es nie Streit zwischen den Stammtischlern gab. Es wurde über die üblichen Themen gesprochen, wie Politik, Sport und Krankheiten. Der Wirt schildert die Merkmale der einzelnen Männer wie folgt:

Da ist Theodor, ein fußballbegeisterter Mitvierziger. Er ist zur Zeit arbeitslos.

Außerdem Ernesto, von Beruf Einzelhandelskaufmann bei einem Discounter. Ein freundlicher und immer sauber gekleideter Mann, der sogar zum Stammtisch mit Anzug erscheint. Seine Großeltern waren als eine der ersten Gastarbeiter aus Italien in den Ort gekommen und hier heimisch geworden.

Ein weiterer Stammtischbruder ist Heinrich. Er hat sich mit einem Fahrradladen selbständig gemacht. Durch den zur Zeit herrschen den Fahrradboom hat sich sein Geschäft gut entwickelt, so dass er ein beachtliches Vermögen erwirtschaftet hat.

Der Vierte und gleichzeitigt Jüngste ist Eberhard. Ein schmächtiger, als Controller in einem Großhandelsunternehmen beschäftigter Mann.

Und dann ist da noch Friedrich, das Unfallopfer, das wegen seiner Verletzungen zur Zeit nicht zum Stammtisch kommen kann. Friedrich ist als freier Vermögensberater tätig. In seiner Freizeit ist er meist mit seinem Rennrad unterwegs. Mit dem Rad, dass er bei Heinrich gekauft hat, konnte er sogar schon einige Amateurrennen gewinnen.

"So, dann werden wir uns einen nach dem anderen vornehmen", schlägt Hauptkommissarin Erna vor. "Ich spreche mit Theodor und Ernesto und du mit Heinrich und Eberhard."

Bild von Dovile Ramoskaite aus Unsplash

Theodor ist stinksauer als Erna Schnüffelstein ihn aufsucht. Gerade hatte sein Fußballverein, der FSV, das wichtige Pokalspiel verloren. Er selbst verlor vor fast einem halben Jahr seinen Arbeitsplatz und hofft, das es was wird mit dem Job bei der Zeitarbeitsfirma. Er hat schon eine ordentliche Stirnglatze. Am Hinterkopf hat er aber noch lange Haare, die zu einem Zopf zusammengebunden sind. Er ist nicht verheiratet und hat auch keine Partnerin oder Partner und lebt in einer kleinen Wohnung, die einen außerordentlich gepflegten Eindruck macht. Trotz seiner miesen Stimmung beantwortet er bereitwillig die Fragen der Polizistin. Es stellt sich heraus, das er und Friedrich sich bei einem Raderlebnistag kennengelernt hatten. Auch Theodor fährt gerne Rad.

"Ich war halt alleine mit dem Fahrrad unterwegs", beantwortet er die Frage, wo er denn zur Unfallzeit gewesen sei.

Ernesto ist nicht zu Hause als die Hauptkommisssarin ihn verhören will. Seine Frau öffnet stattdessen die Tür. 

"Mein Mann ist noch im Geschäft. Heute ist Inventur", beantwortet sie die Frage warum Ernesto nicht zu Hause sei.

"Ernesto kennt den Friedrich vom Stammtisch her und weil Friedrich handwerklich begabt ist, führt er ab und zu kleinere Reparaturarbeiten bei uns im Haus durch. Außerdem machen wir gemeinsame Ausflüge mit dem Fahrrad", berichtet die Frau.

"War er zu Zeit als der Unfall geschah zu Hause?", fragt Erna Schnüffelstein.

"Nein er war unterwegs. Er wollte Karten für eine Theatervorstellung besorgen. Kam aber unverrichteter Dinge wieder zurück, weil das Ticketcenter an diesem Tag geschlossen hatte.

"Gibt es dafür Zeugen?"

"Soviel ich weiß nicht", antwortet die Frau.

Bild von Dave Hoefler aus Unsplash

Für den folgenden Morgen hatten sich beide Polizisten verabredet, um die Ermittlungsergebnisse auszutauschen.  Sie wollten sich am Ufer des kleinen Waldsees treffen, weil Erna bei diesem schönen Frühlingswetter das Bedürfnis hatte, sich anstatt im Büro, lieber im Freien aufzuhalten.  Erna ist nicht gerade begeistert, dass sie eine halbe Stunde auf Kunibert warten muss. In der Zwischenzeit konnte sie wenigstens die Frühlingssonne genießen, die ihr strahlendes Gesicht im See spiegelt und dem fröhlichen Gesang der Vögel lauschen. Ihr war bekannt, dass ihr Kollege seit dem Tod seiner Frau Probleme mit dem Alkohol hatte. Das bewirkte, dass er morgens schlecht aus dem Bett kam und deshalb oft später zum Dienst erschien. So konnte es nicht weitergehen. Sie wollte ihn schon mehrmals darauf ansprechen, hatte es aber immer wieder hinausgeschoben. 

"Was hast du herausgefunden? Meine Kandidaten hatten zwar kein Alibi aber ein Motiv hatten beide auch nicht", berichtet die Hauptkommissarin.

"Bei meinen Kandidaten hat sich ein Verdachtsfall ergeben", erwidert Kunibert und verzieht derart triumphierend sein Gesicht, dass seine sonst so glatte Haut jede Menge Falten bildet.

"Immerhin erfuhr ich von dem Fahrradhändler Heinrich, dass Friedrich mit der Frau von Ernesto ein Verhältnis hat. Das ist doch ein Motiv oder?"

"Wäre möglich", entgegnet Erna. "Aber wie steht Heinrich zu Friedrich?.

Bild von Mika Baumeister aus Unsplash

"Heinrich war nicht gerade gesprächig, als ich ihn aufsuchte. In der Werkstatt war er gerade mit der Reparatur eines Rennrades beschäftigt und fühlte sich offenbar bei seiner Arbeit gestört. Aber ich konnte in Erfahrung bringen, dass Friedrich den Fahrradhändler Heinrich regelmäßig in Geldangelegenheiten beraten hat. Dafür erhielt Friedrich Rabatt beim beim Kauf des Rennrades und kostenlose Wartungsarbeiten. Ja, und dann hat er mir auch noch erzählt, dass Ernesto furchtbar wütend auf Friedrich war, weil seine Frau ihm gestanden hat, dass sie eine Liebesbeziehung mit Friedrich hat."

Hat Heinrich ein Alibi?, fragte Erna.

"Angeblich war er zum Unfallzeitpunkt zu einem längeren Gespräch bei seiner Hausbank", entgegnet Kunibert. "Aber das muss ich noch nachprüfen."

Was ist mit Eberhard, dem Controller?"

Da muss ich noch einmal hin", antwortete Kunibert. "Der ist angeblich seit zwei Wochen in Urlaub und erst am Sonntag zurück. Das hat mir sein Arbeitgeber mitgeteilt."

Ich glaube, da musst du nicht mehr hin", sagt Erna mit ernster Stimme. "Ich habe heute morgen erfahren, dass Friedrichs Rennrad gefunden wurde und zwar in einem Gebüsch  direkt neben der Stelle, wo er gestürzt war. Kindergartenkinder mit ihrer Erzieherin haben es entdeckt. Jemand muss es wieder zurückgebracht haben. Außerdem habe ich vorhin noch etwas sehr interessantes in der Zeitung gelesen."

Bild von Jonas Augustin aus Unsplash

"Wieso, hast du jetzt einen anderen Verdacht als ich?", fragt Kunibert erstaunt.

"Nicht nur einen Verdacht. Ich bin mir sogar sehr sicher, dass jemand nicht nur das Rad geklaut, sondern auch Friedrich absichtlich zu Fall gebracht hat. "Ich kann mir auch denken wer der Täter ist", entgegnet Erna. "Ich muss nur noch den Verletzten fragen, warum er keinen Helm trug."

Die Hauptkommissarin Erna Schnüffelstein hatte in der Zeitung gelesen, dass Heinrich sein Fahrradgeschäft wegen finanzieller Probleme demnächst schließen muss. Diese Zeitungsnachricht, sowie das, was Hauptachtmeister Kunibert Homs über den Besuch in Heinrichs Werkstatt erzählte und die kleine Schraube, die auf dem Waldweg gefunden wurde, brachte sie auf die richtige Spur. 

Friedrich war ja Vermögensberater und hatte Heinrich in Geldangelegen beraten. Es stellte sich heraus, dass Heinrich, auf Friedrichs Rat hin, seine ganzen finanziellen Rücklagen in Zertifikate der SILICON HILL BANK angelegt hat. Die Bank ging pleite und Heinrich verlor sein ganzes Kapital, so dass er Insolvenz anmelden musste.

Wütend hatte er Friedrichs Rennrad bei der letzten Inspektion so manipuliert, dass sich nach einiger Zeit das Vorderrad lösen würde und er unwillkürlich stürzen musste. Wenn Friedrich sein Rennrad aus der Werkstatt abholte, hatte er nie einen Helm dabei. Weil er vorher immer noch eine kurze Laufrunde durch den Wald absolvierte war ein Helm dabei hinderlich.

Das wusste der Fahrradhändler Heinrich. Er wusste auch, welchen Weg Friedrich für den Heimweg benutzte. Er fuhr ihm nach und sah, dass sein Plan geglückt war. Friedrich lag mitten auf dem Weg und rührte sich nicht mehr.

Bild von Mathieu Stern aus Unsplash

"Du hast es nicht besser verdient", dachte Heinrich und kümmerte sich nicht mehr um den Verletzten. Damit niemand feststellen konnte, dass das Rad manipuliert war, nahm Heinrich es mit in seine Werkstatt. Dort wurde es repariert und dann neben der Unfallstelle im Busch versteckt. Dummerweise hatte er aber die kleine Schraube, die sich beim Sturz gelöst hatte und auf dem Weg liegen blieb, übersehen.

"Grundsätzlich sind Finanzberater, meiner Meinung nach, eigentlich vertrauenswürdig. Friedrich war scheinbar nicht der Richtige", meint Hauptkommissarin Erna Schnüffelstein.



Das sportliche Börsen-ABC

Börsen-ABC

Die Folgen von Ukraine-Krieg, Inflation und amerikanischer Zollpolitik, können an den Finanzmärkten, für so manche Turbulenzen sorgen. Wegen fehlender finanzieller Mittel, bin ich glücklicherweise davon nicht betroffen. Grund genug, dieses nicht ganz so ernst zu nehmen, sondern einmal sportlich, vielleicht sogar satirisch zu sehen. Deshalb habe ich einige Finanzbegriffe, nach meinen persönlichen Vorstellungen sportlich interpretiert.

 

Außerdem sind meine Begriffserklärungen reine Fantasie.

 

Asset Manager - Verwaltet das gesamte Vermögen eines Sportvereins.

Bild von Christian Waske aus Unsplash

 

Baisse - Lang anhaltendes Formtief von Sportler*innen.

 

Benchmark - Als Benchmark bezeichnet man einen repräsentativen Vergleichsmaßstab. Dieser dient als Richtgröße, anhand dessen die Leistung beurteilt werden kann. Solche Richtgrößen sind Landesrekorde oder Weltrekorde.

 

Blue Chips - Blue Chips sind Spitzensportler*innen z. B. Weltrekordhalter*innen, Weltmeister*innen oder Olympiasieger*innen.

 

Broker - Einer, der berufsmäßig Sportler*innen vermittelt. Er kann auch im Auftrag von Sportvereinen tätig sein.

 

Cash flow - Kennzahl zur Beurteilung der Finanzlage eines Sportvereins während eines bestimmten Zeitraums. Bei einem positiven Cash flow wurde Geld erwirtschaftet bei einem negativen Cash flow wurde kein Gewinn erzielt.

 

Charts - Tabellen oder Ergebnislisten.


Bild von Obi - @pixel9propics aus Unsplash

Crowdfunding - Um eine neue Sportart oder einen neuen Verein mit innovativen Visionen, für die Umsetzung der Ideen mit Kapital zu versorgen, finden sich eine Vielzahl von Personen als Kapitalgeber*innen zusammen. Das geschieht meist durch Aufrufe im Internet. 

 

Derivat - Wenn z. B. ein Handballverein mit seinen Spieler*innen Gehälter aushandelt, die normalerweise nicht bei Handballer*innen, sondern eher bei Bundesliga-Fußballspieler*innen üblich sind.

 

Emission - Gründung eines neuen Sportvereins.

 

Future - Verbindliches Geschäft über den Transfer eines Sportlers für einen fixen Zeitpunkt in der Zukunft zu einem bei Vertragsabschluss festgesetzten Preis.

 

Bild von Willfried Wende aus Unsplash

Global Player - Weltweit agierender Sportverband mit Einfluss auf wichtige Entscheidungen z. B. Internationales Olympisches Committee, FIFA usw.

 

Hausse - Formhoch  von Sportler*innen über einen längeren Zeitraum hinweg.

 

Kurs - Wert von Sportler*innen, gebildet durch Angebot und Nachfrage.

 

Leerverkauf - Wenn z. B. Verein A einen Spieler an Verein B für 1 Million € verkauft, ohne diesen Spieler überhaupt zu besitzen. Der Spieler gehört dem Verein C. Der Verein A verpflichtet sich, den Spieler später bis zu einem bestimmten Termin von Verein C zu kaufen. Verein A spekuliert darauf, dass sich der betreffend Spieler in der Zwischenzeit verletzt oder in ein Formtief gerät, um ihn vielleicht für nur eine halbe Million € von Verein C erwerben zu können. Wenn das gut geht, hat Verein A durch diese Aktion eine halbe Million € verdient. Sollte der Spieler aber zwischenzeitlich in ein Formhoch geraten, hat Verein A Pech gehabt.

 

Mid Caps - Sportler*innen, die leistungsmäßig zweitklassig sind.

 

Outperformance - Outperformance entsteht immer dann, wenn sich Sportler*innen in einem gewissen Zeitraum besser als vergleichbare entwickeln. Das schließt nicht aus, dass ein Outperformer eine - absolut gesehen - negative Entwicklung genommen haben kann, sofern die vergleichbaren Sportler*innen noch schlechter waren.

 

Bild von Roman Wimmers aus Unsplash

Performance - Leistungsentwicklung von Sportler*innen innerhalb einer bestimmten Zeit.

 

Portfolio - Ein Verein bietet nicht nur Fußball an, sondern ein großes Spektrum verschiedener Sportarten.

 

Privat Equity - Wenn sich mehrere Sponsor*innen zusammentun um mit dem Geld bei kleinen Vereinen, junge und talentierte Sportler*innen anzukaufen. Diese sollen dann in großen Vereinen gefördert werden. Das kann für die Sportler*innen zum Vorteil sein. Es besteht aber auch die Gefahr, dass sie verheizt werden.

 

Rating - Das Rating benotet die Qualität der einzelnen Sportler*innen.

 

Real Estate - Wenn ein Sportverein eine Sporthalle, Arena bzw. Stadion sein Eigen nennt.

 

Rendite - Vergleich zwischen Kapitaleinsatz bzw. Trainingsaufwand und erreichter Leistung beim Wettkampf.

 

Schneeballsystem - Wenn ein Verein sowohl die Gehälter an seine Spieler*innen als auch die Zinsen an die Investor*innen nur zahlen kann, wenn immer wieder neue Geldgeber*innen einsteigen und investieren.

 

Shareholder Value - Steigerung des Vereinswertes bzw. Ansehens durch die Mitgliedschaft von absoluten Spitzensportler*innen.


Stakeholder - Personen oder Personengruppen, die ein berechtigtes Interesse an den wirtschaftlichen und sportlichen Erfolgen eines Sportvereins haben. Das sind z. B. Sponsor*innen.

Bild von Andre Taissin aus Unsplash


Start-up - Ein Verein der eine oder mehrere innovative Sportarten erfunden hat und diese erfolgreich etablieren will.

 

Volatilität - Maß für die Leistungsschwankungen von Sportler*innen innerhalb eines bestimmen Zeitraums.

 

Zertifikat - In vielen Varianten mögliche finanzielle Beteiligung am Erfolg oder Misserfolg eines Sportvereins, ohne dass daraus Eigentums- oder Teilhaberansprüche entstehen. Mit welchen Mitteln die angestrebten Erfolge erzielt werden sollen, ist für die Investor*innen in vielen Fällen undurchsichtig. Sollte der Verein allerdings zahlungsunfähig werden, droht ein Totalverlust der finanziellen Beteiligung.


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